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Zahnmedizin
Abrechnung


Abrechnung der intraligamentären Anästhesie

04.08.2017

Abrechnung der intraligamentären Anästhesie
Abrechnung der intraligamentären Anästhesie

Die Schmerzausschaltung vor zahnärztlichen Eingriffen ist für die Zahnärzteschaft seit Jahrzehnten selbstverständlich und wird kaum mehr als Behandlung wahrgenommen. Als gängige Anästhesiemethoden werden die Infiltrationsanästhesie und die Leitungsanästhesie als Standardmaßnahme tausende Male verabreicht und abgerechnet.

Die seit Langem bekannte intraligamentäre Anästhesie (ILA) spielte bisher eine nur untergeordnete Rolle. 

Dies hat sich inzwischen geändert, seitdem die intraligamentäre Anästhesie wissenschaftlich und auch rechtlich als gleichberechtigte Anästhesiemethode anerkannt ist.

Spätestens seit Inkrafttreten des Patientenrechtegesetzes wird die Aufklärung über Risiken, Nebenwirkungen und Alternativen für alle Formen der Anästhesie gesetzlich gefordert. 

Erst nach Aufklärung über alle Möglichkeiten der Schmerzausschaltung kann der Patient rechtskonform in die von ihm gewünschte Anästhesiemethode einwilligen. 

Alle Patienten, die nach einer Schädigung durch eine der herkömmlichen Anästhesieformen den Behandler verklagt hatten, waren vor Gericht erfolgreich, wenn sie nicht über alle Formen der Lokalanästhesie, insbesondere auch über die Intraligamentäre Anästhesie, aufgeklärt worden waren. Auch wenn kein Behandlungsfehler festgestellt werden konnte, verurteilten die Gerichte die Behandler, da die Patienten wegen unvollständiger Aufklärung, speziell über die intraligamentäre Anästhesie, nicht rechtsgültig in die Behandlung eingewilligt hatten.

Weil es für die intraligamentäre Anästhesie keine eigene Abrechnungsposition gibt, besteht seitens der Zahnärzteschaft immer wieder Unsicherheit hinsichtlich der Abrechnungsmöglichkeit dieser Anästhesieform.

Ein Grund dafür ist, dass die ILA in allen Abrechnungsverzeichnissen nicht primär genannt wird und nur in ausführlichen Kommentaren Erwähnung findet. Auch wird berichtet, dass auf Abrechnungsseminaren grundsätzlich vorgetragen wird: Oberkiefer I, Unterkiefer L1, das nimmt jede Praxis-Software ohne Fehlermeldung an und man fällt nicht auf.

In der GOZ ist die intraligamentäre Anästhesie primär nicht erwähnt, erst im Kommentar der Bundeszahnärztekammer wird sie unter 0090 aufgelistet.

0090 Intraorale Infiltrationsanästhesie 
Punktzahl 60
1,0-fach 3,37 €
2,3-fach 7,76 €
3,5-fach 11,81 €

Zur lokalen Schmerzausschaltung nach Nummer 0090 zählen auch die intraligamentäre, intrakanaläre, intrapulpäre und intraossäre Anästhesie.

Bei einer Kombination, z. B. einer intraligamentären mit der Infiltrationsanästhesie, kann die 0090 mit Begründungshinweis auch mehrfach pro Zahn und Sitzung berechnet werden.


Im BEMA ist die intraligamentäre Anästhesie schon lange unter der Abrechnungsnummer 40 = I enthalten, ebenfalls nur in ausführlichen Ausführungen, nicht jedoch in allen Kurzform- und Taschenverzeichnissen. 

 

 

40 (I) Infiltrationsanästhesie

Bew.-Zahl 8

 

Die intraligamentäre Anästhesie ist nach Nr. 40 abrechnungsfähig.

Werden im Ausnahmefall zwei nebeneinander stehende Zähne intraligamentär anästhesiert, so kann die Nr. 
40 je Zahn berechnet werden.

 

Damit steht der BEMA-gerechten Abrechnung eigentlich nichts im Weg.

Die erste Schwierigkeit, die ILA im täglichen Praxisbetrieb abzurechnen, besteht jedoch darin, dass die Praxissoftware meist keine eigene Position dafür enthält und nur die I abgerechnet werden kann. 

Bei einzelnen Zähnen im Oberkiefer reicht es aus, die I ohne Markierung oder Begründung abzurechnen. 

Soll aber eine I = ILA bei zwei nebeneinanderliegenden Zähnen oder im Unterkiefer abgerechnet werden, erscheint in der Praxissoftware zunächst eine Fehlermeldung. Die Systeme können nicht von sich aus erkennen, dass es sich um eine Abrechnung der intraligamentäre Anästhesie handelt, auch wenn diese BEMA-gerecht erfolgt. Solche Fehlermeldungen können die Mitarbeiter nur mit dem bekannten Kürzel #kzv Intraligamentäre Anästhesie = Begründung „überlisten“, um eine Abrechnung zu ermöglichen – ein Weg, der wegen seines Umstandes gerne umgangen wird. 

Trotz vertragsgerechter Abrechnung stellt sich die Frage, ob diese dem Zahnarzt später vom Prüfungsausschuss als unwirtschaftliche Behandlungsweise vorgeworfen werden kann.

Die KZVen und Prüfungsausschüsse haben nicht die Möglichkeit, die ILA statistisch zu erfassen, da die ILA bei der Abrechnung nicht markiert werden muss. 

Damit ist es nicht möglich, festzustellen, wie oft die ILA insgesamt abgerechnet wurde, da es keine Unterscheidung zwischen einer normalen I und einer ILA gibt.

Ein statistisch fundierter Vergleich der durch die verschiedenen Anästhesieformen verursachten Kosten kann nicht erfolgen, ebenso kein Vergleich der verschiedenen Praxen untereinander.

Es ist zu bedenken, dass eine ILA bei Behandlung einzelner Zähne im Unterkiefer für die Kassen sogar kostengünstiger ist, wird anstelle einer L1 nur eine I = ILA abgerechnet; es werden vier Punkte erspart. 

Erst wenn mehrere Zähne in einem Kiefer in derselben Sitzung behandelt werden können, wären gegenüber der herkömmlichen L1 Mehrkosten durch vermehrte intraligamentäre Anästhesie möglich. Würden diese Zähne jedoch in mehreren Sitzungen behandelt, wäre die ILA wieder günstiger.

Ein anderes Beispiel: 

Die Zähne 46, 34 und 36 müssen gefüllt werden, die Behandlung ist in einer Sitzung möglich. Die herkömmliche Behandlung mit zwei Leitungsanästhesien (= 24 Punkte) ist genauso aufwendig wie drei intraligamentäre Anästhesien (ebenfalls 24 Punkte).

Nach der Rechtslage muss der Patient vor der Behandlung über die verschiedenen Formen der Anästhesie aufgeklärt werden einschließlich der damit verbundenen Risiken, Nebenwirkungen und Alternativen. Ihm muss auch die Möglichkeit gegeben werden, sich für eine Form dieser möglichen Anästhesien zu entscheiden, besonders muss er die Möglichkeit haben, die für ihn risikoloseste Form zu wählen.

Es erscheint äußerst fraglich, ob vom Kassenpatienten aus Kostengründen = Kassenwirtschaftlichkeit das Einverständnis zu der risikobehafteten Leitungsanästhesie verlangt werden kann, obwohl er diese Anästhesieform nicht wünscht, weil er die damit verbundenen Risiken nicht eingehen möchte. Man sollte davon ausgehen, dass das Recht auf Unversehrtheit von den Gerichten als das höhere Rechtsgut gewertet würde.

Man darf davon ausgehen, dass KZVen, Prüfungsausschüsse und Krankenkassen die Rechtslage kennen und die Abrechnung der intraligamentären Anästhesie, soweit sie BEMA-gerecht erfolgt, nicht beanstanden.


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