Zahnmedizin
Qualitätsmanagement


Praxis- und Behandlungsabläufe: So werden diese für das QM-Handbuch richtig beschrieben

22.08.2017

Ein Qualitätsmanagement wird unter Zuhilfenahme eines Qualitätsmanagement-Handbuch beschrieben. Hier ist zu beobachten, dass es Handbücher mit einem Umfang von nur 100 Seiten gibt und Handbücher die mehr als 700 Seiten aufweisen. Alle diese Handbücher erfüllen die Anforderungen des Gemeinsamen Bundesausschusses. Sie, als Praxisleitung, stehen vor der Entscheidung zum Kauf eines QM-Handbuches. Für welches werden Sie sich entscheiden 100 Seiten oder 700 Seiten? Im nachfolgenden Beitrag wollen wir der Sache auf den Grund gehen.

Viele sich auf dem Gesundheitsmarkt befindlichen Qualitätsmanagementsysteme und den dazugehörigen QM- Handbücher sind gerade im Bereich der Beschreibung von Behandlungsabläufen für die sich in der Praxis befindlichen Behandlungszimmer überfrachtet. Hier werden wichtige QM-Grundsätze außer Acht gelassen. 

Müssen wir eigentlich in einem Qualitätsmanagement-System die ärztliche und zahnärztliche Kunst neu definieren? Gibt es hier in der Richtlinie, die die Aufgaben an ein solches System festlegt, eine solche Anforderung. Wenn es eine solche Anforderung geben sollte, wo wollen Sie mit Ihre Behandlungsbeschreibung beginnen und wo soll das Ganze aufhören? 

Bereits in den 80er Jahren wurden QM-Systeme entwickelt und in den unterschiedlichsten Unternehmen und Branchen zum Einsatz gebracht. In dieser Zeit wurden viele „einfache“ Arbeiten von Hilfskräften übernommen. Damit hier eine verlässliche Qualitätssicherung funktionieren konnte, wurde diese Hilfskräfte unter zu Hilfename von ausführlichen und verständlichen „Arbeitsanweisungen“ angelernt und beschäftigt. Somit konnten Unternehmen ungelernte arbeitswillige Arbeiter „von der Straße weg“ einstellen. 

In einer Zahnarztpraxis arbeiten wir mit ausgebildeten Mitarbeiterinnen, sodass Arbeitsanweisungen wie sie sie in den 80er Jahren gegeben haben nicht mehr zum Einsatz kommen müssen. Darüber hinaus haben vor uns unendlich viele Fachautoren ausführliche Dokumentationen für den Bereich der Behandlungsabläufe entwickelt und veröffentlicht. Diese wurden in unzähligen Fachbüchern niedergeschrieben und stehen den Praxen zur Verfügung. Auch das Internet verfügt hier über fachliche Unterstützung. Auch wird die Ausbildung unserer Mitarbeiterinnen durch zahlreiche ausführliche und fachlich abgestimmte Behandlungsbeschreibungen immer spezifischer.

QM-Systeme verlangen von einer Zahnarztpraxis und deren Mitarbeiterinnen eine Wertschöpfung, keine Ressourcen- und/oder Geldvernichtung. Auf die am Anfang gestellte Frage, ob Sie die ärztlich und zahnärztliche Kunst neu definieren müssen lautet die klaren Antwort: „NEIN“. 

Wenn an die Mitarbeiterinnen einer Praxis die Aufgabe gestellt wird, einen Praxis- oder Behandlungsablauf zu beschreiben, so werden ausnahmslos Abläufe beschrieben, die heute in der Praxis reibungslos funktionieren. Der Grund dafür liegt in der Einfachheit der Lösung dieser gestellten Aufgabe. Anstelle einer wichtigen Wertschöpfung wird nun das Gegenteil erreicht. Es wird Zeit und somit Geld in die Beschreibung von Abläufen investiert, die funktionieren und eigentlich keinen Praxismitarbeiter sonderlich interessieren werden. So können z. B. Praxisabläufe im Bereich der Verwaltung einer Praxis entstehen, die das Frankieren eines Briefumschlages beschreiben. Der einzige richtige Ansatz zum Lösen dieser Aufgabe ist das Beschreiben von Abläufen, die heute nicht so funktionieren wie Sie sich das vorstellen. Versuchen Sie mit Ihren Mitarbeiterinnen einen Ablauf zu beschreiben, mit dem Sie derzeit am unzufriedensten sind. Nehmen Sie sich mit der Lösung und der Beschreibung dieser Aufgabe ausreichend Zeit. Es ist vermehrt zu erkennen, dass wir uns im Allgemeinen zur Lösung unserer Probleme kaum genügend zeitliche Freiräume schaffen. Erschwerend kommt eine gewisse Betriebsblindheit hinzu. Die Lösung unserer alltäglichen Probleme kann sehr einfach sein. Wir brauchen nur unsere erfahrenen Mitarbeiterinnen und etwas Zeit und schon können wir die richtigen Lösungen finden. Gehen Sie bei der Einführung Ihres QM-Systems und der Beschreibung von Praxisabläufen wie beschrieben vor, stellen sich zwei Gewinner ein, das sind Sie und Ihre Mitarbeiterinnen. Sie haben jetzt mit Ihren Mitarbeiterinnen bewiesen, dass die Einführung eines QM-Systems durchaus Sinn ergibt und wertschöpfend sein kann. Nach dem Motto „Weniger ist mehr“ sollten Sie so weitere verbesserungswürdigen Abläufe festlegen. 

Es gibt keine Anforderungen des Gemeinsamen Bundesausschusses, der von Ihnen verlangt, dass Sie bis einem Stichtag z. B. 50 Praxisabläufe beschrieben haben müssen. Bedenken Sie bitte auch, dass wir im zahnärztlichen Gesundheitswesen jahrzehntelang auch ohne die nun gesetzlich geforderten QM-Systeme klargekommen sind. 

Wenn Sie Ihr QM-System vollständig beschrieben haben und den Wunsch haben, doch den einen oder anderen Behandlungsablauf zu definieren, dann beschreiben Sie bitte Abläufe, die z. B. nicht alltäglich vorkommen. Diese vorliegenden Behandlungsabläufe können nun auch zur Einarbeitung neuer Mitarbeiterinnen wertschöpfend eingesetzt werden. Bitte beachten Sie aber auch bei der Beschreibung dieser Abläufe die vorhandenen Qualifikationen der Mitarbeiterinnen.